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Neues aus dem Rathaus, der Politik, den Gremien und der Region

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Eine Zusammenfassung der Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl vom 12. September 2021, Quelle: Youtube ## 1\. Das Leitprinzip: Maximale Transparenz und aktive Bürgerbeteiligung Kerstin Speder positioniert Transparenz und Bürgerbeteiligung nicht nur als erstrebenswerte politische Tugenden, sondern als direkte Antwort auf ein wahrgenommenes Kommunikations- und Vertrauensdefizit in der amtierenden Gemeindeführung. Ihr gesamter politischer Ansatz fungiert als strategisches Heilmittel für das von Bürgern – wie in Wortmeldungen während des Podiums deutlich wurde – beklagte Gefühl, bei wichtigen Entscheidungen nicht gehört oder ausreichend informiert zu werden. Ihre Kernphilosophie lässt sich als Streben nach "größtmöglicher Transparenz" zusammenfassen. Diesen Anspruch leitet sie aus einer persönlichen ethischen Verpflichtung ab. Sie müsse, so Speder, "mit gutem Gewissen die Karten auf den Tisch legen" können, um Entscheidungen zu treffen, bei denen sie sich "im Spiegel gucken" könne. Um diesen Grundsatz praktisch umzusetzen, schlägt sie konkrete Instrumente vor, die eine proaktive und flächendeckende Information der Bürger sicherstellen sollen: - Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Eine umfassende und vorausschauende Kommunikation soll die Bürger nicht nur über getroffene Entscheidungen informieren, sondern sie frühzeitig in Denkprozesse einbinden. - Bürgerinformationsveranstaltungen: Speder plant regelmäßige Veranstaltungen, um einen direkten Dialog zu ermöglichen und betont, dass sie dabei "keine Bürger ausgrenzen" würde. - Amtliches Mitteilungsblatt: Sie will gezielt den Kommunikationskanal nutzen, der garantiert jeden Haushalt erreicht, um Informationslücken zu schließen. Das übergeordnete Ziel dieser Maßnahmen ist es, Verständnis für die Komplexität kommunaler Entscheidungen zu schaffen. Sie will den Bürgern transparent machen, warum bestimmte Wege beschritten werden müssen, auch wenn diese durch administrative oder finanzielle Zwänge bedingt sind – "um auch beim Bürger das Verständnis dafür hervorzurufen". Ihre bewusste Entscheidung für eine parteilose Kandidatur steht in direktem Zusammenhang mit diesem Transparenz- und Fairnessanspruch. Sie sieht ihre parteipolitische Unabhängigkeit als entscheidende Voraussetzung, um "für alle Bürger zur Verfügung zu stehen" und Vorschläge im Gemeinderat "gleichermaßen bewerten" zu können, frei von parteipolitischen Bindungen. Von diesem grundlegenden Politikverständnis leitet Speder ihre konkreten politischen Schwerpunkte für eine mögliche Amtszeit ab. \-------------------------------------------------------------------------------- ## 2\. Politische Schwerpunkte für die Amtszeit Über ihr Grundprinzip der Transparenz hinaus identifiziert Kerstin Speder konkrete Handlungsfelder, die sie während ihrer Amtszeit priorisieren möchte. Ihr Fokus liegt dabei auf der nachhaltigen Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Gemeinde durch die konsequente Bearbeitung von Infrastrukturdefiziten, den Herausforderungen des demografischen Wandels und den Notwendigkeiten des Klima- und Umweltschutzes. ### 2\.1 Infrastruktur und Finanzen: Kritik am Status Quo und Forderung nach Verlässlichkeit Speder untermauert ihre Forderung nach einem neuen Verwaltungsstil, indem sie eine Reihe von Projekten als Belege für ein systematisches Defizit im Projektmanagement und in der Umsetzung anführt. Sie bemängelt eine Kultur von "angefassten und nicht zu Ende gebrachten" Vorhaben, die bei Bürgern zu Verunsicherung und Frust führe. Zur Untermauerung ihrer Kritik führt sie mehrere konkrete Beispiele an: - Straßenkataster: Sie fordert die längst überfällige Erstellung eines "unabhängigen Straßenkatasters", welches seit zwei Jahren gefordert, aber nicht umgesetzt wurde. Nur durch eine "objektive Begutachtung" könne eine transparente und faire Planung des Straßenausbaus erfolgen. - Gewerbegebiet: Die Fläche für ein neues Gewerbegebiet sei zwar bereits abgeholzt, die entscheidende Erschließung lasse aber auf sich warten. - Ladesäulen: Ein entsprechender Antrag zur Errichtung von E-Ladesäulen sei rund drei Jahre alt, die Umsetzung fehle jedoch bis heute, was die Gemeinde für Touristen und Bürger mit E-Fahrzeugen unattraktiv mache. - Glasfaserausbau: Während der Ausbau in Trauen voranschreite, würden die Bürger in Faßberg selbst vernachlässigt und hätten weiterhin mit einer unzureichenden Internetversorgung zu kämpfen. Bei der Finanzierung des Straßenausbaus stellt sie die Belange der Bürger in den Mittelpunkt. Unabhängig von der zukünftigen landespolitischen Regelung der Straßenausbaubeiträge pocht sie auf eine "sozialverträgliche Lösung" und fordert, den Bürgern "verlässliche Zahlen" an die Hand zu geben, um Planungssicherheit zu schaffen. ### 2\.2 Demografischer Wandel und sozialer Zusammenhalt: Eine Gemeinde für alle Generationen Speder erkennt den demografischen Wandel als eine der zentralen Zukunftsaufgaben für Faßberg an. Die Tatsache, dass rund ein Drittel der Bürger über 60 Jahre alt ist, erfordert aus ihrer Sicht proaktives Handeln, um die Gemeinde für alle Generationen lebenswert zu gestalten. Ihre Vorschläge gliedern sich in zwei Kernbereiche: - Für die ältere Generation: Um die Lebensqualität für Senioren langfristig zu sichern, fordert sie einen klaren Fokus auf eine verbesserte medizinische Versorgung, den Ausbau von Seniorenbetreuung und die Schaffung von mehr Pflegeplätzen. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Förderung von barrierearmem Wohnen, um älteren Bürgern ein selbstbestimmtes Leben in der Gemeinde zu ermöglichen. - Für die junge Generation: Speder äußert die Sorge, dass Jugendliche die Gemeinde nach der Schulzeit verlassen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, schlägt sie konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Jugendbeteiligung vor. Die Gründung eines Jugendbeirats soll den jungen Menschen eine politische Stimme geben. Darüber hinaus spricht sie sich für die Schaffung eines Jugendzentrums aus. Aus Gesprächen mit Jugendlichen weiß sie, dass diese sich einen Ort wünschen, "wo man sich treffen kann" – eine einfache, aber essenzielle Rückzugsmöglichkeit, die derzeit fehle. Mit diesem zweigleisigen Ansatz verfolgt Speder eine klare Strategie zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Gemeinde: Sie will die soziale Stabilität und Erfahrung der älteren Generation erhalten und gleichzeitig dem drohenden "Brain Drain" der Jugend aktiv entgegenwirken, um die zukünftige Gemeinschafts- und Steuerbasis zu stärken. ### 2\.3 Klima- und Umweltschutz: Ein Katalog konkreter Maßnahmen Im Bereich des Klima- und Umweltschutzes geht Kerstin Speder über allgemeine Bekenntnisse hinaus und legt einen konkreten Maßnahmenkatalog vor, der sowohl die Verwaltung als auch die Bürger in die Pflicht nimmt: 1. Nachhaltige Stromerzeugung durch die Prüfung von Projekten wie Photovoltaikanlagen, idealerweise mit direkter Bürgerbeteiligung. 2. Erstellung eines CO2-Fußabdrucks für die Verwaltung und alle öffentlichen Gebäude, um datengestützt Handlungsfelder für Einsparungen zu identifizieren. 3. Förderung energetischer Bauweisen durch entsprechende Auflagen bei der Ausweisung von Neubaugebieten. 4. Unterstützung für Bürger, die privat in energetische Maßnahmen wie Dämmung oder Solaranlagen investieren wollen, beispielsweise durch eine Vereinfachung von Genehmigungsverfahren. 5. Ökologische Gestaltung und Bewirtschaftung von gemeindeeigenen Flächen, um die Artenvielfalt zu fördern und als Vorbild für die Bürger zu agieren. Dieser detaillierte Maßnahmenkatalog unterstreicht Speders anspruchsvollen, sachorientierten Politikstil, der sich auch in ihrer Positionierung zu den emotional aufgeladenen Debatten der Gemeinde widerspiegelt. \-------------------------------------------------------------------------------- ## 3\. Positionierung in zentralen lokalen Debatten Speders grundsätzliche Haltungen zu Transparenz, Zukunftsfähigkeit und Bürgerorientierung spiegeln sich deutlich in ihren Standpunkten zu zwei der meistdiskutierten Themen in Faßberg wider: dem Neubau der Grundschule und der Sanierung der Hauptstraße in Müden. ### 3\.1 Grundschulneubau: Standortentscheidung auf dem Prüfstand Kerstin Speder übt fundamentale Kritik am vom Gemeinderat beschlossenen Standort für den Grundschulneubau am Marktweg. Sie hält diese Entscheidung "nicht für zukunftsfähig" und hat angekündigt, das Thema als Bürgermeisterin "auf jeden Fall auch wieder anpacken" zu wollen. Ihre wesentlichen Bedenken sind: - Begrenzte Fläche: Der Standort biete keine ausreichenden Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft, etwa für eine mögliche Wiedereinrichtung einer Oberschule. - Denkmalgeschütztes Umfeld: Die Einpassung eines großen, modernen Neubaus in die denkmalgeschützte Siedlung sei problematisch und könne zu Komplikationen führen. - Fehlende Infrastruktur vor Ort: Auf dem Gelände sei keine eigene Sporthalle geplant, was für die Schulkinder zusätzliche Wege zur alten Sporthalle bedeute. Ihre alternative Vision ist die Weiternutzung des bestehenden Lerchenschul-Geländes. Dieses biete ausreichend Fläche und die notwendige Infrastruktur mit kurzen Wegen. Ein moderner Anbau oder Neubau an diesem Standort wäre aus ihrer Sicht die zukunftssicherere Lösung. ### 3\.2 Hauptstraße Müden: Pragmatismus vor Ideologie In der emotional geführten Debatte um das Kopfsteinpflaster der Hauptstraße in Müden zeigt Speder einen pragmatischen und abwägenden Ansatz. Sie vermeidet eine ideologische Festlegung und wägt stattdessen die unterschiedlichen Interessen sorgfältig gegeneinander ab. Auf der einen Seite erkennt sie die Bedeutung des historischen Ortsbildes und die Anliegen der Interessengemeinschaft an, die sich für den Erhalt des Pflasters einsetzt. Auf der anderen Seite nimmt sie die berechtigten Klagen der Anwohner über die erhebliche Lärmbelästigung ernst. Sie berichtet von einem Besuch vor Ort, bei dem "man zwischendurch das eigene Wort nicht verstanden hat". Ihr zentraler Punkt betrifft jedoch die Finanzierung. Sie äußert große Skepsis, erhebliche Gemeindegelder für die Sanierung einer Landesstraße auszugeben. Ein solches Vorgehen sei "nicht gerechtfertigt", solange Bürger für den Ausbau ihrer eigenen Anliegerstraßen selbst aufkommen müssen. Ihre Position zielt auf einen Kompromiss ab, der sowohl dem Ortsbild als auch den Anwohnern gerecht wird, ohne die Gemeindefinanzen über Gebühr zu belasten. \-------------------------------------------------------------------------------- ## 4\. Fazit und politisches Profil In der Synthese ihrer Positionen präsentiert sich Kerstin Speder weniger als klassische Politikerin, sondern vielmehr als eine Art "Turnaround Managerin" für die öffentliche Verwaltung. Sie definiert Bürgernähe als proaktive, lückenlose Informationsvermittlung und als Voraussetzung für die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen. Ihre Herangehensweise priorisiert, wie ihre Haltung zur Sanierung der Hauptstraße in Müden zeigt, pragmatische Umsetzbarkeit und fiskalische Rechtfertigung über ideologische Positionen. Ihre Agenda basiert auf der präzisen Diagnose systemischer Defizite in Projektumsetzung, Kommunikation und Zukunftsplanung und kontert diese mit einem methodischen, prozessorientierten Programm, das auf die Wiederherstellung von Vertrauen und die Sicherung der langfristigen Handlungsfähigkeit der Gemeinde abzielt.